1. Vorbemerkungen und Einführung
2. Datenniveaus
Vorbemerkungen und Einführung
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1.1 Datenerhebung
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Am Anfang jeder Statistik steht mithin eine Fragestellung.
Beispielsweise soll die Frage beantwortet werden, ob sich der Frauenanteil an
Soziologiestudierenden im Jahr 2000 von jenem des Jahres 1970 unterscheidet.
Statistik meint nun (in fast jedem Fall) den Umgang mit Zahlen. Diese Zahlen,
wie der Frauenanteil, sind in irgendeiner Form als ein Abbild von Realität zu
verstehen. Statistik im Bereich der Sozialwissenschaften beschäftigt sich in
erster Linie mit der Auswertung von zuvor (u.a. über Fragebogenerhebungen) erhobenen
Daten. Diese, in der Empirie gemessenen Werte werden, dann mit Hilfe statistischer
Verfahren interpretiert. Es sollen Gruppen statistisch beschrieben oder Unterschiede
zwischen Teilgruppen festgestellt werden. Statistische Daten können praktisch
alle Aspekte eines empirischen Sachverhalts erfassen. Bereits die wenigen Fragen
im Fragebogen der Übung, zeigen die breite Vielfalt der Frage- und Antwortmöglichkeiten
einer empirischen Erhebung auf.
Um eine statistische Auswertung überhaupt möglich zu machen,
ist somit die Umwandlung von empirischen Fakten in statistisch interpretierbare
Daten notwendig. Was am Beispiel des Frauenanteils an Studierenden relativ einfach
von statten geht, gestaltet sich bei komplexeren Fragestellungen ein Stück weit
komplizierter. Widmet man sich in einem Forschungsprojekt Konzepten und Theorien
wie „Macht“, „Herrschaft“, „Demokratieverständnis“ oder „Integration“, die hinsichtlich
ihrer Begrifflichkeiten weniger eindeutig formuliert bzw. formulierbar sind
wie der Frauenanteil an den Soziologiestudierenden – und das ist zumeist der
Fall – müssen diese theoretischen Begriffe vorweg operationalisiert werden.
Generell meint Operationalisierung Anweisungen, nach
denen Untersuchungseinheiten den Kategorien einer Variable zugewiesen werden.
Beispielsweise die Antwortvorgaben Pflichtschule, Lehre, BHS, Matura, Hochschulabschluss
für die Variable (Schul)Bildung. Bei der Operationalisierung erfolgt so die
Verknüpfung eines theoretischen Begriffs, einer nicht direkt beobachtbaren Variablen
(z.B. Angst) mit einem gut beobachtbaren Merkmal bzw. einer Variablen (Indikatoren,
z.B. Punktezahl auf einem Fragebogen, Messung physische Reaktionen, etc.).
Über welche Merkmale bzw. Variablen soll versucht werden, Antworten auf die
gestellten Fragen zu finden? Diese Frage ist nicht trivial. Die Antwort kommt
nicht mit dem Fallschirm vom Himmel geflogen bzw. liegt keinesfalls klar auf
der Hand. Die Frage der Operationalisierung, die Frage welche Merkmale beobachtet,
welche Daten erhoben werden und somit Eingang in das Erhebungsinstrument (meist
Fragebogen) finden stellt sich in jedem Forschungsprojekt.
Versuchen Sie 4 (allgemeine) Merkmale bzw. Variable
zu finden, um die „politische Partizipation“ der ÖstereicherInnen zu operationalisieren.
Eintrag in das Lerntagebuch
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1.2 Merkmale und Variablen
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Es soll nun versucht werden, die für die statistischen Auswertungsmethoden
wichtigen Eigenschaften von Daten - wie auch immer gewonnen - genauer zu beschreiben.
In einem sehr allgemeinen Sinn haben alle Daten die Eigenschaft, dass sie durch
Messungen gewonnen werden, wobei unter Messen allgemein die Zuordnung von Zahlen
zu Objekten bzw. zu Merkmalen von Objekten verstanden wird, bei denen die Relationen
zwischen den zugeordneten Zahlen (numerisches Relativ) analoge Relationen zwischen
den Objekten wiedergeben sollen (empirisches Relativ). Zunächst ist dabei einmal
festzuhalten, dass nicht die Objekte (die befragten Personen) selbst gemessen
werden, sondern Merkmale oder Eigenschaften von Objekten.
So wird z.B. nicht der Student Thomas M. gemessen, sondern
z.B. das Merkmal "Prüfungsleistung". Die Merkmale oder Eigenschaften dürfen
nun nicht punktuell interpretiert werden, sondern bilden Merkmalsdimensionen;
so bildet z.B. das Merkmal "Prüfungsleistung" eine Dimension, die sich z.B.
durch die Anzahl der gemachten Fehler bzw. der Note beschreiben lässt. Das Objekt
erhält im Messprozess auf dieser Merkmalsdimension einen festen Platz, ihm wird
eine bestimmte Merkmalsausprägung zugeordnet, z.B. die Merkmalsausprägung "sehr
gut". Beispiele: Die Merkmalsdimension (das Merkmal) Körpergröße hat die Merkmalsausprägungen:
bis zu 150 cm, 151 cm, 152 cm, ..., 200 cm und größer; das Merkmal Managementstil
hat die Ausprägungen autoritär, laissez-faire, etc.; das Merkmal Geschlecht
die Kategorien männlich und weiblich. Merkmale, deren Dimension zumindest zwei
Ausprägungen besitzt, bezeichnen wir auch als Variablen. Besitzt ein Merkmal,
eine Variable, genau zwei Ausprägungen, so sprechen wir wie z.B. beim Merkmal
"Geschlecht" von eine dichotom gegliederten Merkmal, von einer dichotomen Variablen.
Unter einem Merkmal wird so eine Eigenschaft verstanden,
welche einem Objekt (einer Person) zugeordnet werden kann. Es wird versucht,
diese Merkmale durch eine Messung in Zahlen zu überführen. Variable sind
dann Merkmale, die in Zahlen überführt worden sind. Wichtig ist dabei, dass
die Zahlen weder doppelt vergeben noch inhaltlich verschiedenen Ausprägungen
gleiche Zahlen zugeordnet werden, d.h. eine eineindeutige Beziehung zwischen
Merkmalsausprägung und Zahlenwerten vorhanden sein muss.
Merkmal / Variable (im Fragebogen) / Merkmalsdimensionen/Kategorien/Ausprägungen:
Geschlecht / Sex / männlich (1), weiblich (0)
Alter / Age / … in Jahren
Schulnoten /Note / sehr gut (1), ... nicht genügend (5)
Bruttoeinkommen / Einkommen / ... in Euro
Parteipräferenz / Wahlverhalten / SPÖ (1), ÖVP (2), FPÖ (3), Grüne (4), sonstige
(5), nicht gewählt (6)
Kategorisieren Sie Ihre Variablen aus Aufgabe
1.1 (politische Partizipation).
Übungsaufgabe, Eintrag in das Lerntagebuch
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1.3 mathematische Eigenschaften
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Bei den Zahlen, die bei Messungen auftauchen, handelt es
sich im Bereich der Sozialwissenschaften im allgemeinen um reelle Zahlen. Das
sind alle die Zahlen, die als Bildpunkte auf einer Zahlengeraden veranschaulicht
werden können. Von den Eigenschaften der reellen Zahlen sind insbesondere vier
für das Messen bzw. das Datenniveau von Bedeutung:
1. Die Identität oder Gleichheit: Zwei beliebige reelle
Zahlen a und b sind entweder gleich oder ungleich a = b oder a ¹ b, (z.B. 6
= 6 und 6 ¹ 3).
2. Die Ordnung: Für die reellen Zahlen gilt die Ordnungsrelation. Sind
zwei Zahlen a und b ungleich, so existiert immer eine "größer-kleiner-Beziehung".
Entweder gilt a < b oder a > b. (z.B. gilt für die Zahlen 1,96 und 0,68: 0,68
< 1,96 bzw. 1,96 > 0,68).
3. Gleichheit von Differenzen: Zwischen zwei reellen Zahlen a und b lassen
sich Differenzen (a-b) bilden, und es kann von der Gleichheit von Differenzen
gesprochen werden. (z.B. sind die Differenzen 105-40 und 67-2 gleich und zwar
beide 65).
4. Gleichheit von Quotienten: Von reellen Zahlen lassen sich Quotienten
(z.B. a/b) bilden, und es kann von der Gleichheit von Quotienten gesprochen
werden. (z.B. sind die Quotienten beim Vergleich von Gewichten 5g/10g und 51kg/102kg
gleich, und zwar beide gleich 1/2 oder 0,5).
Welche Relationen gelten für die von Ihnen gewählten
Variablen zur politischen Partizipation?
Eintrag in das Lerntagebuch, Übungsaufgabe
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