Diskrete Wahrscheinlichkeit

Zusammenfassung:
Im Folgenden werden einige wichtige Teilgebiete der Wahrscheinlichkeitsrechnung besprochen: Das Laplace-Experiment, Zufallsvariable, Erwartungswert und Varianz, die Binomialverteilung und zum Schluss - als Beispiel dafür - Lotto 6 aus 45.

Stichworte:
Laplace-Experiment | Laplace'sche Wahrscheinlichkeitsregel | Gegenereignisregel | 1. Pfadregel | 2.Pfadregel | Zufallsvariable, Erwartungswert und Varianz | Zufallsvariable | Erwartungswert und Varianz | Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktionen | Binomialverteilung | Lotto 6 aus 45 |











Laplace-Experiment








Einführendes Beispiel:
Betrachten wir einen Würfel.
Ein Würfel hat 6 Seiten, würfelt man mit diesem Würfel so gibt es 6 Möglichkeiten:
1.) man würfelt eine "1"
2.) man würfelt eine "2"
3.) man würfelt eine "3"
4.) man würfelt eine "4"
5.) man würfelt eine "5"
6.) man würfelt eine "6"
Welche Zahl man bei einem konkreten Versuch würfelt kann man jedoch nicht vorraussagen, das bleibt dem Zufall überlassen.
Was man aber mit Sicherheit vorraussagen kann, ist die Ergebnissmenge des Experiments, d.h.: die Menge aller bei diesem Versuch möglichen Ergebnisse.

Beim Würfeln eines Würfels ist dies

Beim Werfen einer Münze:


Nun genügt die Angabe von natürlich nicht zur vollständigen Beschreibung eines Zufallsexperiments.
Zusätzlich muss man wissen mit welcher Wahrscheinlichkeit die einzelnen Versuchseergebnisse eintreten.

Beim Werfen einer idealen Münze folgt aus Symmetriegründen, daß beide Seiten mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auftreten. Da nur 2 Fälle möglich sind gilt:

Beim Würfel ist ebenfalls das Würfeln jeder einzelnen Zahl gleich wahrscheinlich:


Betrachtet man einen Reißnagel, so ist = ( Spitze nach oben, Spitze nach unten)
dennoch handelt es sich hier nicht um ein Laplace Experiment, da mangels geeignete Symmetrie, die beiden Ereignisse unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten haben.
Wir bezeichnen im Folgenden jede Teilmenge von als Ereigniss.
Betrachten wir beim Würfeln mit einem Würfel das Ereignis G:"es wird eine gerade Zahl gewürfelt"
G = ( 2, 4, 6 )

Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit beim einmaligen Würfeln mit einem Würfel eine gerade Zahl zu würfeln bei liegt.















1. Pfadregel



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Das Ziehen geordneter Stichproben mit zurücklegen soll am Beispiel des Urnenmodells veranschaulicht werden.
In der Urne befinden sich 2 Kugeln: eine rote und eine blaue Kugel
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit 2 mal hintereinander eine blaue Kugel zu ziehen?


GRAFIK:
 


Es gibt 4 Möglichkeiten:
1) man zieht 2 mal blau
2) man zieht zuerst blau dann rot
3) man zieht zuerst rot dann blau
4) man zieht 2 mal rot


Für uns günstig ist jedoch nur die erste der 4 Möglichkeiten

 
Berechnet man es nach der Pfadregel so ergibt sich
dies ist die Wahrscheinlichkeit beim 1. Zug eine blaue Kugel zu ziehen mal der Wahrscheinlichkeit beim 2. Zug eine blaue zu ziehen.
 









2. Pfadregel



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Hier beschäftigt man sich mit ungeordneten Stichproben.
Betrachtet man das oben dargestellt Baumdiagramm und möchte man die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass bei 2 Zügen 1 blaue Kugel und 1 rote Kugel gezogen wird, so gibt es 2 Möglichkeiten:
1) es wird zuerst eine rote, dann eine blaue Kugel gezogen
2) es wird zuerst eine blaue, dann eine rote Kugel gezogen

Um diese Wahrscheinlichkeit zu berechnen müssen 2 Pfade zusammengefasst werden.
P( genau 1 blau) = P( erst rot, dann blau) + P( erst blau, dann rot)

= +

= +

=
















Zufallsvariable, Erwartungswert und Varianz



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Zufallsvariable

Eine Zufallsvariable (engl.: random varable) ist die Zuordnung von Ereignissen eines "Zufallsexperiments" zu Zahlen. Auf diese Weise ist es möglich, die sprachlich beschreibenen Ereignisse des Experiments mit den Hilfsmitteln der Mathmatik zu modellieren. Die einzelnen Werte einer Zufallsvariablen bezeichnet man als Realisationen, die Menge aller Realisationen als Definitionsbereich.

Beispiel:

Wenn man zwei Münzen auf den Boden wirft, können beide, eine oder gar kein der beiden Münzen ein Wappen zeigen. Für dieses Zufallsexperiment lässt sich die Zufallsvariable "Anzahl Wappen" definieren, die dementsprechend die Realisationen 2, 1 und 0 aufweist. Der Definitionsbereich der Zufallsvariablen reicht von 0 bis 2, wobei nur ie ganzzahligen Werte zugelassen sind (diskrete Zufallsvariable).

Unterschiede:


Man unterscheidet diskrete und kontinuierliche (stetige) Zufallsvariablen. Erstere haben endlich viele oder abzählbar unendlich viele Realisationen. Letztere können innerhalb ihres Definitionsbereiches jeden beliebigen Zahlenwert annehmen (schließen also Dezimalbrüche mit unendlich vielen Nachkommastellen ein - diese wollen wir aber hier nicht betrachten).

Notation:

Die Zufallsvariable selbst wird mit Großbuchstaben (X, Y, usw.), ihre Realisation wird mit Kleinbuchstaben bezeichnet (x , y , usw.). Auf diese Weise kann man die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsvariable X eine bestimmte Realisation hat, so ausdrücken: P(X = x), z.B.: P(X = 2). Das würde also im obigen Beispiel bedeuten: Man berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass 2-mal, also auf beiden Münzen das Wappen erscheint.

Halten wir fest:

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsvariable X eine bestimmte Realisation hat, drückt man in der folgenden Weise aus: P(X = x).



Erwartungswert und Varianz

Der Erwartungswert einer Zufallsvariablen E(X) ist in ebensolcher Weise ein Schätzwert für den Mittelwert wie die Wahrscheinlichkeit ein Schätzwert für die relative Häufigkeit ist.

Definition:

Als Erwartungswert der Zufallsvariablen X bezeichnet man die Zahl E(X):
 


Die alleinige Angabe des Mittelwertes ist nicht sehr aussagekräftig, weil ja die mehr oder weniger weit von abweichen. Der Mittelwert wird daher üblicherweise samt Streuung angegeben, Analog ist die alleinige Angabe des Erwartungswertes E(X) = µ nicht sehr aussagekräftig; der Erwartungswert wird daher üblicherweise ebenfalls samt "Streuung" angegeben. Diese definiert man als Wurzel aus dem Erwarungswert de Zufallsvariablen (X - µ)².












Wahrscheinlichkeitsfunktionen und Verteilungsfunktionen








Die Verteilung einer diskreten Zufallsvariablen legt man üblicherweise wie folgt fest:

  • Entweder gibt man für jedes die Wahrscheinlichkeit seines Auftretens an
  • Oder man gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der die Zufallsvariable einen Wert annimmt. Diese Wahrscheinlichkeiten kann man durch Aufsummieren der aller bilden:
    Mit Hilfe dieser Funktionen kann man dann Fragen folgender Art beantworten: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zufalsvariable X (1) genau 4, (2) mindestens 4, (3) höchstens 4, (4) mehr als 4, (5) weniger als 4 ist?
Beispiel:

Würfeln mit einem Würfel.
Beschreibe die Verteilung der Zufallsvariaben X sowohl mittels der Wertetabelle als auch mittels des Graphen a) der Wahrscheinlichkeitsfunktion und b) der Verteilungsfunktion!

Lösung: a)
 
b)
 









Binomialverteilung



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Das Bernoulli-Experiment

Im Gegensatz zu einem Laplace-Experiment, wo alle Ereignisse mit der selben Wahrscheinlichkeit eintreten, fordert ein Bernoulli Experiment zweierlei:

  1. jeder Versuch hat GENAU 2 Ausgänge
  2. die Versuche laufen alle unter exakt den gleichen Voraussetzungen ab.
Man sieht also, dass nicht beide möglichen Ausgänge eines Versuchs die gleichen Wahrscheinlichkeit haben müssen.
Ein einfaches Bsp. für ein Bernoulli Experiment ist das Ziehen von Kugeln aus einem Glas. Jeder Versuch hat nur zwei Ausgänge und unter der Voraussetzung dass die Kugeln anschließend wieder zurückgelegt werden findet auch jeder Versuch unter den gleichen Bedingungen statt!

Betrachten wir ein solches Experiment allgemein:



Daraus folgt:


Ein konkretes Beispiel:
 

In unserem Glas befinden sich insgesamt 10 Kugeln, davon 6 Blaue und 4 Rote. Die WK dafür eine blaue Kugel zu ziehen ist also 0,6 die WK für eine rote Kugel ist 0,4.
Angenommen wir ziehen 3 mal aus unserem Glas und interessieren uns dafür wie groß die WK ist, dass von diesen 3 Kugeln zwei blaue sind, ist uns die REIHENFOLGE der BEIDEN KUGELN EGAL!! Wichtig ist nur die Anzahl der Erfolge, weil – wie wir gesehen haben – ohnehin alle Erfolge die gleiche WK haben!

Wie wir bereits wissen, interessiert man sich bei einem Experiment vielfach nur für die Anzahl X der Erfolge, die bei n Versuchen auftreten, nicht jedoch für die Reihenfolge, in der die Erfolge und Misserfolge eintreten.

Unter der Berufung auf den Binomischen Lehrsatz und den Begriff Binomialkoeffizient können wir nun folgendes Gesetz definieren:

Verteilungsgesetz Binomialverteilung:
 

Für unser Beispiel ergibt sich dann: Wahrscheinlichkeit, dass von 3 gezogenen Kugeln 2 blau sind:

 P(X = 2) = P(BBR) + P(BRB) + P(RBB) = 3 * (0,6 * 0,6 * 0,4) = 0,432 = 43,2 %












Lotto 6 aus 45








Bei Lotto 6 aus 45 werden aus 45 mit Zahlen (von 1 bis 45) beschrifteten Kugeln sechs gezogen. Zusätzlich wird noch eine so genannte Zusatzzahl gezogen. Die Reihenfolge der gezogenen Zahlen ist dabei aber egal.
Einen Gewinn gibt es dann, wenn von den sechs getippten Zahlen drei, vier, fünf (ohne oder mit Zusatzzahl) oder alle sechs richtig sind.

Grundsätzlich handelt es sich hier um eine ungeordnete Stichprobe (d.h. die Reihenfolge der gezogenen Zahlen ist egal) ohne Zurücklegen (d.h. eine Zahl kann nicht zweimal gezogen werden).

Nun wollen wir uns überlegen, wie groß die Wahrscheinlichkeit für drei Richtige, vier Richtige, etc. ist, wenn man pro Runde einen Tipp abgibt.
Allgemein wird die Wahrscheinlichkeit mit Hilfe folgender Formel berechnet:


,


wobei G für die günstigen und M für die möglichen Ausfälle steht.

G und M werden mit dem Binomialkoeffizienten berechnet, da es sich, wie schon gesagt, um eine ungeordnete Stichprobe ohne Zurücklegen handelt.

Nun wollen wir uns die möglichen Ausfälle überlegen:
Es werden sechs Kugeln gezogen, d.h. k = 6; insgesamt gibt es 45 Kugeln, d.h. n = 45
Für M folgt dann: Ausfälle
  • Wahrscheinlichkeit von 3 Richtigen:
Nun überlegen wir uns die günstigen Ausfälle für drei Richtigen: Drei von den getippten Zahlen befinden sich unter den sechs gezogenen
Somit befinden sich die restlichen getippten Zahlen unter den restlichen 39, die
falsch sind
Für G ergibt sich dann:


  • Wahrscheinlichkeit von 4 Richtigen:
Die günstigen Ausfälle setzen sich hier wie folgt zusammen:
Vier von den getippten Zahlen sind richtig, befinden sich also unter den sechs
gezogen
Die restlichen zwei Zahlen sind somit falsch und befinden sich unter den 39
übrigen Zahlen



Für die Wahrscheinlichkeit folgt dann:



  • Allgemein gilt für die Wahrscheinlichkeit:


  • Wahrscheinlichkeit von 5 Richtigen mit/ohne Zusatzzahl:
Um diese Wahrscehinlichkeit zu berechnen, überlegen wir uns folgendes:
Wir haben ganz sicher einmal fünf Richtige. Das heißt wir überlegen uns nun zuerst die Wahrscheinlichkeit für einen Fünfer mit Hilfe der gerade hergeleiteten Formel:




Nun fehlt noch die Zusatzzahl:

a) Zuerst nehmen wir an, dass wir einen Fünfer mit Zusatzzahl haben.
Wir betrachten dazu unser Problem als Urnenproblem: Wir haben zu Beginn 45 Kugeln in der Urne: sechs davon sind rot, das sind die sechs getippten Zahlen; der Rest, d.h. 39 Kugeln sind schwarz.
Es wurden nun schon sechs Kugeln gezogen, wobei fünf davon rot sind und eine schwarz. Nun befinden sich noch 39 Kugeln in der Urne und zwar 38 schwarze und eine rote.

Wenn wir nun fünf Richtige mit Zusatzzahl haben, heißt das, dass die rote Kugel als siebente Kugel gezogen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die rote
Kugel gezogen wird ist

Für unsere Wahrscheinlichkeit heißt das:




b) Nun haben wir einen Fünfer ohne Zusatzzahl. Hier wurde als Zusatzzahl eine der schwarzen Kugeln gezogen.
Die Wahrscheinlichkeit dafür ist






Nun wollen wir uns einige weitere Aufgabestellungen zu Thema Lotto überlegen:

  • Wir nehmen an, man gibt bei einer Spielrunde einen Tipp ab. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man mindestens vier Richtige hat?

Mindestens vier Richtige heißt soviel wie entweder vier oder fünf oder sechs Richtige. Darum wird diese Wahrscheinlichkeit aus den einzelnen zusammengesetzt.

W (mind. 4 Richtige)

  • Jemand gibt ein Jahr lang (d.h. 104 Spielrunden) bei jeder Ziehung einen Tipp ab. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man mindestens ein Mal sechs Richtige hat?
Bei jeder Ziehung ist die Wahrscheinlichkeit für einen Sechser

Die Wahrscheinlichkeit für keinen Sechser ist somit

Die einzelnen Runden sind voneinander unabhängig, dass heißt die Wahrscheinlichkeiten bleiben immer gleich.

Die Zufallsvariable X ist die Anzhal der Sechser in den 104 Spielrunden. Somit ist diese 104-p-binomialverteilt. Da wir mindestens einen Sechser innerhalb des Jahres wollen, suchen wir die
Wahrscheinlichkeit

Allgemein gilt somit

Für unser Beispiel gilt

  • Nun wollen wir die Wahrscheinlichkeit von mindestens einmal einen Gewinn innerhalb eines Jahres (104 Ziehungen) bei einem Tipp pro Runde berechnen.

Ein Gewinn heißt soviel wie mindestens drei Richtige.
p = W (mind. 3Richtige)

Für die Wahrscheinlichkeit ergibt sich dann:

  • Nun nehmen wir an, jemand gibt pro Runde einen Tipp ab. Wie viele Runden muss man spielen, um mit mindestens 95%iger Wahrscheinlichkeit mindestens einmal einen Sechser zu haben?
Allgemein: Beim vorherigen Beispiel haben wir mit der Formel gearbeitet, wobei n die Anzahl der Spielrunden ist.
Diese Wahrscheinlichkeit
soll nun mindestens 95% betragen.
Für unser Beispiel folgt somit:

 
 

  • In welchem der vier Fälle hat man die größte Aussicht mit 1000 Lottotipps mindestens einmal sechs Richtige zu haben:
a) Man spielt 1000 Spielrunden lang und gibt jeweils einen Tipp ab.
b) Man spielt 100 Spielrunden lang und gibt jeweils 10 Tipps ab.
c) Man spielt 10 Spielrunden lang und gibt jewweils 100 Tipps ab.
d) Man spielt eine Spielrunde und gibt 1000 Tipps ab.


Gibt man in einer Spielrunde mehr als einen Tipp ab, so wird die Wahrscheinlichkeit für einen Tipp mit der Gesamtanzahl der Tipps multipliziert, d.h. wenn man 10 Tipps in einer Runde abgibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit für einen Sechser nicht mehr nur , sondern .

n p
a 1000
b 100
c 10
d 1
Das heißt die Wahrscheinlichkeit ist dann am größten, wenn man alle 1000 Tipps bei einer einzelnen Runde abgibt.















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